Texte:Begriff des todes: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. Juni 2007, 15:12 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Es freut mich, dass Sie sich entschlossen haben, sich einen Vortrag über den Tod anzuhören. Das ist ja alles andere als selbstverständlich. Denn dass wir sterben müssen, bedeutet ja, das unsere Zeit begrenzt ist. Soll die kostbare Zeit damit verschwendet werden, sich Gedanken über den Tod zu machen, über etwas, was ich sowieso nicht ändern kann? Was soll das nutzen, oder wenigstens bringen? Am Tod lässt sich nichts ändern. Er ist notwendig. Aber das bedeutet nach meiner Ansicht nicht, dass es keinen Sinn hätte, über den Tod nachzudenken. Ich möchte zumindest behaupten, dass das Nachdenken einen - wenn auch nur theoretisch bleibenden - Beitrag zur eigenen Befreiung leistet. Mehr als ein theoretischer Beitrag ist in der Philosophie nicht zu erwarten. Höchstens noch kann ich Spaß am Nachdenken haben. Und der wird, glaube ich, auch bei diesem trüben Thema eintreten.
Das Wissen um den Tod ist begrifflich
Aber bei allen Versprechungen muss doch gefragt werden, wie ich denn vom Tod überhaupt sprechen will. Denn es ist doch unmöglich, dass ich mir mich selbst als tot vorstelle. Denn das Vorstellen ist eine Lebenstätigkeit, die im Tode aufgehört hat. Ich kann mir nicht vorstellen, mir nichts vorstellen zu können. Das ist ein Widerspruch in sich. Vorstellen kann ich mir nur etwas. Nichts aber ist nicht etwas, sondern eben nichts. "Nichts Vorstellen" ist eine andere Formulierung für "Nicht Vorstellen". Der Inhalt dieser Vorstellung, nämlich, das ich mir nichts vorstellen kann, widerspricht der Form der Vorstellung, nämlich dass ich mir etwas vorstelle. Mich selbst kann ich mir also nur lebend vorstellen, weil ich, um mir eine Vorstellung machen zu können, leben muss.
Aber auch mit anderen Menschen geht es mir nicht anders. Wenn ich mir meine verstorbene Mutter vorstelle, oder auch meinen verstorbenen Bruder, dann stelle ich sie mir so vor, wie sie gelebt haben. Genaugenommen kann ich sie mir als tot nicht vorstellen. Denn sie sind nur sie, also meine Mutter, mein Bruder, wenn ich sie mir als lebendig vorstelle. Insofern ich mir also sie vorstelle, meine Mutter und meinen Bruder, stelle ich sie mir als lebendig vor. Ohne sie lebendig vorzustellen, kann ich sie mir nicht vorstellen.
Aber auch auf Erfahrung kann ich mich nicht stützen, denn was der Tod ist, das ist unmöglich durch Erfahrung zu erfassen. Denn die Erfahrung des Todes anderer Menschen setzt bereits voraus, dass ich weiß, was das ist, tot zu sein. Die Frage ist, woher dieses Wissen kommt. Nun, ich weiß es eben. Vorstellen kann ich es mir zwar nicht, und aus der Erfahrung habe ich dieses Wissen auch nicht. Aber ich habe es eben. Und ich lasse mich in dieser Sache nicht verunsichern: Kein Mensch kann mir einreden, dass ich nicht wüsste, was der Tod ist. Das Wissen habe ich und Punkt.
Ein solches Wissen, das sich nicht auf Erfahrung stützen kann und das auch nicht auf Vorstellungen beruht, möchte ich ein begriffliches Wissen nennen. Die Menschen haben in der Regel ein begriffliches Wissen vom Tod. Das Merkwürdige an dieser Form des Wissens, also an einem begrifflichen Wissen ist, dass die Menschen sich dieses Wissens absolut sicher sind, ohne doch in jedem Falle formulieren zu können, was da gewusst wird, worüber und worin also dieses begriffliche Wissen besteht. Eine der Aufgaben der Philosophie besteht darin, den Inhalt eines solchen begrifflichen Wissens zu formulieren, also auszusprechen, was der Inhalt eines solchen begrifflichen Wissens ist.
Begriffliche Bestimmung des Todes
Das Leben der Menschen wie das aller anderen Lebewesen auch lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Einer dieser Gesichtspunkte ist der, dass es einen Prozess darstellt, der von der Geburt bis zum Tode reicht. Lebewesen werden geboren und sie sind irgendwann einmal tot. Das eigentliche Leben dieser Lebewesen spielt sich dazwischen ab. Es gehört zum Begriff des Lebewesens, dass es sterben muss, weil das Leben eines Lebewesens nichts anderes ist, als auf den Tod zuzugehen. Das "Auf den Tod Zugehen" nennen wir Sterben. Alle Lebewesen müssen sterben. Wir bezeichnen nur dasjenige mit dem Begriff "Lebewesen", was auch stirbt. Beides ist für uns dasselbe: Dass alle Lebewesen sterben müssen, und dass es zum Begriff des Lebewesens gehört, zu sterben. Dass Lebewesen sterben, betrachten wir also als notwendig. Denn notwendig ist dasjenige, was darin identisch ist, dass es einerseits zum Begriff der Sache gehört, andererseits bei allen Exemplaren, die unter den Begriff fallen, auftritt. Alle Lebewesen sterben; es gehört zum Begriff des Lebewesens, zu sterben. Beides ist dasselbe und also müssen die Lebewesen notwendig sterben.
Von der Geburt aus gesehen nenne ich den Lebensprozess Leben, vom Tod aus gesehen nenne ich denselben Lebensprozess Sterben. Leben und Sterben bezeichnen denselben Prozess aus unterschiedlichen Gesichtspunkten oder Perspektiven. Diese Perspektiven sind mit dem Prozess notwendig verbunden, denn die Geburt ist der Anfang, der Tod das Ende dieses Prozesses. Wir sind also fortlaufend am Sterben, um das mal rheinisch auszudrücken. Oder kürzer und mit Friedrich Engels: "Leben heißt Sterben."1 Das Resultat des Sterbeprozesses ist, dass ich tot bin. Wenn ich aufgehört habe, zu sterben, wenn ich gestorben bin, dann bin ich tot, d.h. dann lebe ich nicht mehr und sterbe auch nicht mehr. Der Tod ist begrifflich mit dem Sterbeprozess verbunden: Was aus der Sicht der Bewegung Sterben heißt, das heißt aus der Sicht des Resultats Tod. Tot zu sein, setzt also voraus, als Lebewesen gelebt zu haben. Todsein bedeutet nicht einfach Nichtsein, sondern "Nicht mehr Sein"; es ist mit dem vorherigen Leben eines Lebewesens verbunden. Der Tod ist also begrifflich mit dem Leben des Lebewesens verbunden, indem das Leben dieses Lebewesens zugleich Sterben ist, das Resultat des Sterbens aber der Tod ist. Das Leben ist ein natürlicher Prozess, dessen natürliches Resultat, insofern es zugleich Sterben ist, der Tod ist. Der Tod ist also notwendig.
(Ein ewiges und insofern unendliches Leben erscheint in der christlichen Religion deswegen zurecht als ein Wunder, das des Eingreifens Gottes in die Natur bedarf, einer "neuen Schöpfung", weil es die Gesetze der Natur außer Kraft setzt. Das Christentum behauptet auch nicht, dass die Seelen ewig leben, oder etwas von uns übrigbleibt oder den Tod überlebt. Sondern das Christentum spricht von einer "Wiederauferstehung der Toten", in welcher der Tod eintritt, und dann durch ein Heilshandeln Gottes überwunden wird.
Dass der Tod notwendig ist, bedeutet nicht, dass der Tod auch notwendig zu einem bestimmten Zeitpunkt eintritt. Im Gegenteil: Weil die Lebewesen sterblich sind, können sie auch auf eine ihnen zufällige Weise sterben, zum Beispiel in einer Situation, in der sie ihr eigentliches Leben - wie wir sagen - noch vor sich hätten, wenn etwa ein junges Tier von einem anderen gefressen oder auf eine andere Art vernichtet wird. Aber auch wenn keine solchen Zufälle eintreten, wird jedes Lebewesen sterben, und je weniger solche Zufälle eintreten, desto mehr wird es aus innerer Notwendigkeit sterben. Dennoch: In der Zufälligkeit des Sterbens durch einen äußerlichen Anlass (Unfall, Zufall etc.) kommt lediglich die Notwendigkeit des Todes zum Ausdruck. 2
Die Natürlichkeit des Todes
Der Tod ist aber nicht nur notwendig, er ist den Lebewesen auch natürlich. Es gehört zur Natur der Lebewesen, dass sie sterblich sind. 3 Alle Lebewesen müssen sich deswegen mit dem Tod auseinandersetzen. Wenn sie nichts tun, sind sie sehr bald schon tot. So ist der Tod den Lebewesen immer sehr nahe. Denn die Lebewesen müssen sich selbst als Individuen erhalten, um am Leben zu bleiben, und das heißt in erster Linie: Sie müssen in der ihnen äußeren Natur die Mittel finden und sich aneignen, die sie brauchen, um sich am Leben zu erhalten. Indem sie sich ernähren, reproduzieren sich die Lebewesen als Individuen permanent selbst und erhalten sich so gegen die - permanent vorhandene - Gefahr des Todes. Leben ist eben immer lebensgefährlich, wie Erich Kästner sagt. Es gehört zur Natur der Lebewesen, dass sie sterblich sind, d.h. der Tod ist ihnen natürlich und also überhaupt natürlich. Ebenso aber gehört zur Natur der Lebewesen, dass sie sich mit ihrer Sterblichkeit so auseinandersetzen, dass sie sich selbst erhalten, indem sie der ihnen äußeren Natur die Mittel entreißen und sich assimilieren, die sie zum Leben brauchen. Die Lebewesen erhalten sich selbst als Individuen.
Aber auch wenn die Lebewesen sich als Individuen erhalten und dabei alles richtig machen: Irgendwann einmal sind sie tot. Deswegen erhalten sich die Lebewesen nicht nur als Individuen: Sie pflanzen sich auch fort. Sie reproduzieren nicht nur sich selbst, sondern auch andere Lebewesen ihrer Art, andere Individuen, die sie überleben sollen und in der Regel überleben werden, und so das Überleben der Art sichern. Bei höheren Lebewesen sind dazu zwei Individuen erforderlich, weil es sich bei der Fortpflanzung der Art um eine Gattungsfunktion handelt. Indem die Lebewesen andere Individuen ihrer Art hervorbringen, beteiligen sie sich an der Fortpflanzung der Art, die sie also wiederhervorbringen. Jedes Individuum ist seiner Natur nach in der Lage, seine Art hervorzubringen, wenn nicht ein Zufall, eine Krankheit oder Behinderung es daran hindern. Aber Fortpflanzungsunfähigkeit, Impotenz und Unfruchtbarkeit, gelten uns als Behinderungen. Die Gattung erscheint also als ein natürlicher Fortpflanzungszusammenhang, in dem die Individuen andere Individuen derselben Art hervorbringen, so dass das Leben ihrer Art auch nach ihrem Tode weitergeht, wenn auch in anderen Individuen. So ergibt sich ein doppeltes, sich in sich widersprechendes Bild des Verhältnisses von Individuum und Gattung:
a) Einerseits bringen die Individuen selbst Individuen ihrer Art hervor, und ohne dass die Individuen dies tun, gibt es keinen Gattungszusammenhang, so dass die Gattung eine der Fähigkeiten der Individuen ist, die Fähigkeit sich fortzupflanzen. Die Gattung ist so betrachtet den Individuen subsumiert. (Das ist die unmittelbar erfreuliche Seite des Todes, weil es ohne ihn keine Sexualität gäbe; denn nur weil wir sterben, bringen wir andere Lebewesen der gleichen Art hervor.)
b) Andererseits sind die Individuen aus der Sicht des Fortpflanzungszusammenhangs der Gattung nur Momente des Übergangs von Generation zu Generation, eines Zusammenhangs also, der in grauer Vorzeit einmal angefangen hat und dessen Ende sich in einer unbestimmten Zukunft verliert. Die Individuen selbst sind so betrachtet dem Gattungszusammenhang eingegliedert und subsumiert.
Damit eröffnet sich das Wesen des Todes, wenn man so will: Der Tod ist eine Seite des natürlichen Verhältnisses des Individuums zu seiner Gattung. Die andere Seite ist die Geburt. Denn der Tod macht ein Moment der Beziehung des Individuums auf die Gattung aus. Diese Seite der Beziehung des Individuums auf die Gattung könnte man - und das ist auch geschehen - als den Sieg der Gattung über das Individuum bezeichnen. Aber diese Sicht ist offenbar einseitig. Denn wenn es den Tod nicht gäbe, dann könnten wir ein Verhältnis zur Gattung nicht haben, und also Individuen nicht sein. Die Konkretisierung der Gattungsbestimmungen durch die Individuen, und somit die bestimmte, und insofern eingeschränkte, individuelle Ausprägung der Gattung in den Individuen ist die Voraussetzung dafür, dass es Individuen gibt. Es muss daher mehrere Individuen nebeneinander und auch nacheinander geben. Da der Tod eine Seite des natürlichen Verhältnisses von Individuum und Gattung ist, ist der Tod - so betrachtet - eine Bedingung der Individualität der Individuen. Der Tod ist der Preis der Individualität der Individuen, wenn wir von vorhandenen Individuen ausgehen. Aber das ist offenbar eine Gedankenlosigkeit, denn die Individuen verdanken ihre Existenz der Geburt, also demselben Verhältnis von Individuum und Gattung, nur von der anderen Seite her betrachtet. Der Tod ist die natürliche Bedingung der Individualität der Lebewesen, so dass es notwendig und natürlich ist, zu sterben, insofern alle Lebewesen Individuen sind. Was für alle Lebewesen gilt, das gilt auch für die Menschen. Die Menschen müssen, wie alle anderen Lebewesen auch, von Natur aus und notwendig sterben. Und wenn sie nicht stürben, um mich mal so auszudrücken, dann könnten sie Individuen nicht sein.
Vielleicht denkt Ihr Euch jetzt: Ja, das behauptet er so einfach, um sich die Welt vernünftig zu reden. Wer sagt denn, dass unsterbliche Individuen keine Individuen sein könnten. Ein Argument dafür ist die notwendige Bestimmtheit des Individuums auch gegenüber den anderen Individuen derselben Art. Denn wenn die Individuen derselben Art sich untereinander unterscheiden, dann müssen sie auch von der Art unterschieden sein, der sie angehören. Die Bestimmtheit der Individuen stellt sich als Endlichkeit in Raum und Zeit dar. Denn was in Raum oder Zeit unendlich ist, kann nicht bestimmt sein; es hat keine Bestimmung. Um ein Individuum zu sein, muss das Lebewesen auch gegenüber seiner Art weiter bestimmt sein, und diese Bestimmtheit erscheint als Endlichkeit in Raum und Zeit. Die Formen, wie sich die Endlichkeit der Lebewesen in der Zeit zeigt, sind Geburt und Tod. Mithin müssen die Individuen um ihrer Individualität willen sterben. Dadurch sind sie bestimmte, von allen anderen Individuen unterschiedene Ausprägungen ihrer Gattung, unterschieden von der Art und von allen anderen Individuen, die dieser Art angehören. Dies, von allen anderen, auch Gleichen unterschieden zu sein, macht ein entscheidendes und bestimmendes Moment des Begriffs des Individuums aus.
Der Tod als gesellschaftlich bestimmt
Das Ergebnis erscheint - so nehme ich wenigstens an - in gewissem Umfang überraschend. Denn im Allgemeinen wird der Tod als die Vernichtung der Individualität betrachtet, und nun soll es genau umgekehrt sein: Ohne Tod keine Individualität, nicht Vernichtung, sondern Ermöglichungsgrund der Individualität soll der Tod sein. Da scheint irgendetwas nicht zu stimmen. Und dann soll bei den Tieren und bei den Menschen kein Unterschied in ihrem Verhältnis zum Tod bestehen. Bei den Menschen kommt doch ein Bewusstsein des Todes dazu, ein Verhältnis zum eigenen Tod.
Dem stimme ich zu. Ich räume ein, dass ich mich bisher auf die Natürlichkeit des Todes beschränkt habe, die bei Mensch und Tier mehr oder weniger das Gleiche zu sein scheint. Der nächste Schritt besteht nun darin, den Unterschied der Menschen von den Tieren in ihrem Verhältnis zum Tod zu betrachten, also den Unterschied in bezug auf eine Seite des natürlichen Verhältnisses zwischen Individuum und Gattung. Worin besteht der Unterschied zwischen Menschen und Tieren? In gewisser Weise sind die Menschen selbst eine Tierart, und die Tiere sind ihrerseits von einander unterschieden. Die Tiere sind unterschieden durch die Art, wie sie sich ihre Lebensmittel beschaffen, wie sie sich selbst erhalten; sie machen das auf eine jeweils andere Art und Weise, und daran kann man sie unterscheiden. Die Menschen machen es auf den ersten Blick auf eine noch andere Weise, also anders als die Tiere. Insofern wären die Menschen auch nicht anders von den anderen Tieren unterschieden als die Tiere selbst voneinander unterschieden sind. Aber die Menschen erhalten sich nicht nur anders als die Tiere, sondern sie verändern auch die Art und Weise, wie sie sich erhalten, indem sie der Natur ihre Lebensmittel nicht nur entreißen, sondern sie produzieren, d. h. in einer sich verändernden Art und Weise erarbeiten. Sie erhalten sich deswegen nicht nur anders, wie die anderen Tiere untereinander auch, sondern, indem sie ihre Lebensmittel produzieren, verändern sie zugleich die Art und Weise, wie sie ihre Lebensmittel produzieren, d. h. sie entwickeln sie weiter. Damit aber produzieren sie zugleich den Unterschied der Menschen zu den Tieren: Sie sind nicht in erster Linie unterschieden, sondern sie unterscheiden sich mehr und mehr, indem sie diesen Unterschied geschichtlich hervorbringen, oder anders formuliert: produzieren. Karl Marx fasst das wie folgt zusammen:
"Man kann die Menschen durch das Bewusstsein, durch die Religion, durch was man will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst."4
Die Menschen finden die von ihnen benötigten Lebensmittel in der Natur nicht nur vor, sondern sie modifizieren die Natur und bringen ihre Lebensmittel selbst hervor, indem sie ihre Lebensmittel gemeinschaftlich und dann auch gesellschaftlich produzieren. Und indem sie das tun, verändern sie nicht nur die äußere Natur, sondern auch ihre eigene Natur und ihr Leben selbst. Sie bringen den Unterschied der Menschen von den Tieren selbst geschichtlich hervor, und in diesem Sinne unterscheiden sie sich mehr und mehr. Indem aber die Menschen ihr Leben mittelbar selbst produzieren, und so ihre Natur verändern, verändern sie zugleich das Verhältnis von Individuum und Gattung. Damit verändert sich - zumindest nach meiner Meinung - auch das Verhältnis des Individuums zum Tod.5 Denn der Tod ist eine Seite des natürlichen Verhältnisses des Individuums zur Gattung.
Dieses "Sich-Unterscheiden" der Menschen von den Tieren ist auch in der klassischen Deutschen Philosophie erfasst worden, aber als ein geistiger Akt interpretiert worden. Die Menschen unterscheiden sich dadurch von den Tieren, dass sie in der Lage sind, diesen Unterschied im Bewusstsein zu machen. Dieses "Im Bewusstsein den Unterschied Machen", dieses "Im Bewusstsein unterscheiden" ist - für die idealistische Philosophie - der Unterschied zwischen den Menschen und den Tieren. Dieser im Bewusstsein gemachte Unterschied muss sich aber in der Wirklichkeit auch darstellen. Die Form, dieses "Sich-Unterscheiden" von den Tieren in die Wirklichkeit zu bringen, besteht darin, dass für die Menschen die Selbsterhaltung und die Verhinderung des Todes nicht mehr das oberste Ziel ist. Im Unterschied zu den Tieren, die die Selbsterhaltung zum obersten Prinzip haben, ist deswegen nach der idealistischen Philosophie die Selbstbehauptung des Individuums, die den Unterschied zum Tier zum Ausdruck bringt, das Wichtigste. Selbstbehauptung lässt sich nur zeigen, anderen darstellen, wenn man das eigene Leben aufs Spiel setzt. Dieser Unterschied tritt deswegen - nach Hegels Darstellung in der "Phänomenologie des Geistes" - darin in Erscheinung, dass die Menschen ihr eigenes Leben im Kampf gegeneinander aufs Spiel setzen. Dadurch entsteht ein Kampf auf Leben und Tod. In diesem Kampf zeigen es die Kämpfer, dass für sie nicht ihr eigenes Leben und dessen Erhaltung das oberste und beherrschende Prinzip ist, sondern die Selbstbehauptung, die Durchsetzung des eigenen Willens gegen den Willen anderer unter Einsatz des eigenen Lebens, was einem Lebewesen sonst fremd ist und die Menschen von den Lebewesen unterscheidet, nicht nur im Bewusstsein, sondern auch in Wirklichkeit.
Wenn diese Form der Darstellung gelingt, dass die Selbstbehauptung wichtiger ist als die Selbsterhaltung, dann sind die selbstbewussten, sich von den Tieren aktiv unterscheidenden Menschen tot. Diese Form der Bestätigung der Selbstbehauptung führt unmittelbar in den Tod und verunmöglicht das weitere Leben. Deswegen kann diese Form der Selbstbehauptung nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Denn was immer die Menschen tun oder behaupten wollen, sie können es nur, wenn sie leben. Eine Selbstbehauptung, die im Tod endet, war erfolgreich, aber nicht wirklich. Denn sie verschwindet mit den Menschen, die sich selbst behauptet haben. Insofern ist diese Form der Selbstbehauptung nicht wirklich. Um die Wirklichkeit des unterscheidenden Prinzips jedoch ging es bei der ganzen Auseinandersetzung.
Der unmittelbare Versuch, die im Bewusstsein vorhandene Unterscheidung der Menschen von den Tieren in die Wirklichkeit zu überführen, zu verwirklichen, ist zunächst gescheitert. Der nächste Schritt ist nun, dass einer der beiden Kämpfer aufgibt, weil ihm sein Leben wichtiger ist als seine Selbstbehauptung. Dann scheidet die Furcht vor dem Tod die beiden Kämpfer: Der eine hat im Kampf auf Leben und Tod gewonnen, und hat daher unmittelbar durch die Tat bewiesen, dass ihm seine Selbstbehauptung wichtiger ist als sein Leben: Dieser erfolgreiche Kämpfer wandelt sich durch seine unmittelbare Überwindung der Todesangst zum Herrn. Der andere Kämpfer hat im Gegenteil nachgegeben, seine Selbstbehauptung nicht absolut gesetzt, sondern sich für das Leben entschieden. Dieser Kämpfer wird sich um seines Lebens willen unterwerfen, und erscheint daher als Knecht.6
So stehen sich nun Herr und Knecht gegenüber. Der Herr bedroht den Knecht unmittelbar mit dem Tode, insofern er sich als Sieger im Kampf auf Leben und Tod erwiesen hat. Er hat sich behauptet, der Knecht dagegen hat nachgegeben. Deswegen muss der Knecht dem Herren unter Aufgabe des eigenen Willens dienen, d.h. tun, was der Herr ihm sagt. Der Herr kann ihn deswegen zwischen sich und die Natur schieben, dem Knecht die Bearbeitung der Natur und das Produzieren der Lebensmittel überlassen. Sich selbst kann der Herr beschränken auf das Aufzehren, Konsumieren und Verbrauchen dieser vom Knecht produzierten Lebensmittel. Da der Knecht nur tut, was der Herr ihm sagt, und keinen eigenen Willen hat, deswegen stellen die Produkte des Knechts den Willen des Herren da. Sie gehören dem Herren. Da der Knecht aber der Lebensmittel bedarf, die dem Herren gehören, ergibt sich daraus eine zweite mittelbare, ein wenig verschleierte, aber umso wirkungsvollere Todesdrohung. Denn zwischen sich und den Knecht schiebt der Herr die Lebensmittel, die der Knecht zum Leben braucht, die aber dem Herren gehören. Der Knecht anerkennt den Herren aus Todesangst, stellt dem Herren seine Kraft zur Verfügung und dient ihm so als allgemeines Lebensmittel, nämlich als ein Mittel, die Natur in Lebensmittel zu verwandeln. Insofern hat der Herr durch die Subsumtion des Knechts unter seinen Willen die Subsumtion der Gattungskräfte unter seine Selbstbehauptung als Individuum erreicht, wenn auch nur durch Unterwerfung anderer, des Knechts.
Er hat sie erreicht, aber er hat sie merkwürdigerweise nicht verwirklicht. Denn was er tut, ist das Verbrauchen und Vernichten, Konsumieren und Verzehren der Lebensmittel. Mit dem Verzehr der Lebensmittel verschwinden diese Lebensmittel und damit verschwindet auch die Wirklichkeit des Herren. Sie bleibt nicht, sie ist nur verschwindend. Ebenso steht es mit der Anerkennung durch den Knecht. Denn der Knecht anerkennt den Herren zwar, aber der Herr anerkennt nicht den Knecht. Deswegen ist die Anerkennung durch den Knecht für den Herren nichts wert. Was taugt eine Anerkennung, die ich selbst nicht anerkennen kann? Nichts! Der Herr also hat zwar seine Selbstbehauptung erreichen können und auch anerkennen lassen können, aber sie verschwindet ihm. Denn er stellt sich im Toten nicht dar. Das Tote bleibt ihm gegenüber selbständig. So sehr der Herr deswegen in der Lage war, der Todesfurcht im Kampf gegen den Knecht zu widerstehen, ebenso sehr hat er Angst vor dem wirklich und notwendig kommenden Tod, weil das Tote das ihm Fremde und Andere bleibt, gegen das er nichts ausrichten kann. Die Todesangst und damit der Tod selbst ist das Mittel, mit dem der Herr den Knecht beherrscht. Doch der Herr selbst nutzt den Tod nur, aber er beherrscht ihn selbst nicht, ebenso wenig wie das Herrschaftsverhältnis. Deswegen erlebt der Herr - wiewohl er zunächst den Anspruch auf Freiheit der Menschen repräsentiert - die Unfähigkeit, die Herrschaft, die er über andere übt, selbst zu beherrschen. Der Tod ist deswegen im Herrschaftsverhältnis der absolute Herr, der auch das Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen beherrscht. In der Funktion, die der Tod im Herrschaftsverhältnis hat, ist er tatsächlich der Sieg der Gattung über das Individuum.
Die Knechtschaft ist zunächst dasselbe Verhältnis wie die Herrschaft, nur aus der Sicht des Knechts. Der Knecht hatte im Kampf auf Leben und Tod nachgegeben und sich aus Angst vor dem Tod zum Dienst für den Herren bereitgefunden. Er hat damit auf die Durchsetzung seines Willens und seiner Selbstbehauptung verzichtet. Er verwirklicht in allem, was er wirklich tut, den Willen des Herren, verzichtet vollständig auf seinen Willen und seine Selbstbehauptung. Er tut nicht, was er will, sondern er gibt seinen Willen in Wirklichkeit der Fremdbestimmung preis und macht sich vollständig zum Werkzeug seines Herren. Damit hat er auf jeden Eigensinn verzichtet.
Indem er den Willen des Herren tut, bearbeitet er die Dinge und gibt ihnen eine Form, die sie zu Lebensmitteln macht. Diese Form behält aber für den Knecht eine Selbständigkeit ihm gegenüber, weil diese Dinge, seine Arbeitsprodukte, dem Herren gehören, Ausdruck des Willens des Herren sind. Die Form der Dinge spiegelt dem Knecht jedoch in Wirklichkeit sein eigenes Tun selbständig wider. Aber nicht nur formt er die Dinge, sondern die Dinge leisten ihm auch wirklichen Widerstand, so dass er durch die Auseinandersetzung mit den Dingen sich bildet, seine Fähigkeiten weiter entwickelt und produktiver wird. Er durchformt und durchbildet mehr und mehr die ganze Welt, in der die Menschen leben, und er bildet und entwickelt mehr und mehr seine eigene Fähigkeit, die Dinge zu bearbeiten. Indem er zugleich aus Angst vor dem Tod auf jeden mit der Selbstbehauptung verbundenen Eigensinn verzichtet, findet er in der Welt sein eigenes Tun verwirklicht und damit seinen eigenen wirklichen, in den Dingen verwirklichten Sinn. Zugleich schaut er diese seine Selbstbehauptung in der Welt, seine tatsächliche Verfügung über die Gattungskräfte der Menschheit in einem anderen, nämlich dem Herren an. Für den Knecht sind also Selbstbehauptung und Realisierung des eigenen Willens verwirklicht, aber er schaut diese Verwirklichung im Herren an und anerkennt sie dort, obwohl es sich in Wirklichkeit um seine und allein um seine wirkliche Tat handelt. Der Knecht versteht also nicht, dass es seine Selbständigkeit ist, die sich in diesem seinem Tun verwirklicht, seine - wenn auch nicht unmittelbare, sondern mit einem Umweg behaftete, vermittelte - Selbstbehauptung. Der Knecht realisiert sich selbst und seine Lebensenergie im Toten: Das Tote ist Ausdruck seiner Wirklichkeit gewordenen und bleibenden Lebenskraft, die die Dinge vorantreibt. Diese Wirklichkeit gewordene und sich in den Dinge darstellende und sie vorantreibende Lebenskraft überwältigt den Herren, dem sie sich ihm als absolute Macht fühlbar macht. Denn der Herr erlebt die Weiterentwicklung der menschlichen Fähigkeiten als Bedrohung und Gefährdung, weil er seine Herrschaft an ein ihm unbekanntes und fremdes Prinzip anpassen muss. Diese Bedrohung und Gefährdung zeigt sich dem Herren in der Angst vor dem wirklichen und unvermeidlichen Tod. Der Knecht dagegen erlebt dieselbe Entwicklung als seine eigene Kraft und Tat. Und so gelingt es dem Knecht, sich in eins zu setzen mit der absoluten Macht im Herrschaftsverhältnis, dem Tode. Dadurch überwindet der Knecht die Todesfurcht, dass er den Tod und das Tote als Äußerung seiner eigenen Kraft erlebt, wenn auch nicht versteht. Insofern erreicht der Knecht auf diesem Umweg die wirkliche Subsumtion des Todes und des Toten unter das Leben der Menschen, die also dem Herren auf unmittelbare Weise nicht gelingt, dem Knecht aber gelingt, wenn er auch nicht darum weiß - oder besser gesagt, zunächst unter der Bedingung, dass er es nicht weiß. 7
Die Menschen subsumieren sich in der Gestalt des Knechts den Tod unter das Leben, aber der Knecht weiß nicht darum, weil er in - von ihm anerkannten und akzeptierten - Herrschafts-verhältnissen lebt. Die Form, in der die Menschen sich die Subsumtion des Todes unter die Individuen zu erfassen suchen, ist die Religion.
Gibt es so etwas wie Unsterblichkeit?
Viele Vorstellungen, die den Tod unter die Individualität zu subsumieren trachten, unterscheiden die Individualität selbst als die Seele von ihrer leiblichen Darstellungsform. Im Tod trenne sich die Seele vom Leib. Die Seele überlebe den Tod, während der Leib sich auflöse. Die Seele kann sich dann auch in anderen leiblichen Formen oder in anderen Menschen inkarnieren. Diese Vorstellung der Unsterblichkeit der Seele kann soweit gehen, dass die Totalität der Lebewesen durchwandert werden muss, bevor man als Mensch wiedergeboren wird. Eine solche Vorstellung lässt aber das Individuum nicht intakt. Denn der Begriff des Individuums ist verknüpft mit Unteilbarkeit. In der Vorstellung des Überlebens der Seele werden die Menschen vorgestellt als zusammengesetzt aus einem teilbaren und deswegen sterblichen Teil, dem Leib, und einen unteilbaren und deswegen den Tod überlebenden Teil, die Seele. Aber auf diese Weise wird das Individuum trotzdem in Leib und Seele geteilt, und geht verloren. Dennoch ist in dieser Vorstellung meiner Meinung nach etwas Richtiges, was ich gleich noch benennen will.
Das Christentum macht diese Trennung der Menschen in Leib und Seele beim "ewigen Leben" nicht mit. Im Christentum wird die kaum zumutbare Vorstellung der leiblichen Wiederauferstehung der Toten geglaubt, in der die Menschen einen "geistlichen Leib" haben sollen, einen pneumatischen Leib. Diese Vorstellung verzichtet auch darauf, zu behaupten, dass ein Teil der Menschen den Tod überlebt. Die Menschen sterben voll und ganz, werden aber durch ein Wunder, durch ein Heilshandeln Gottes vom Tode auferweckt zu einem ewigen Leben. Dieses ewige Leben ist nichts anderes als das hiesige Leben, wie es vorgestellt wird als erlöst und vereint mit seinen Bedingungen. Denn das Leben eines Individuums ist, wie immer man es sich vorstellen mag, das Leben dieses Individuums. Ein anderes Leben gibt es nicht. Auf diese Art und Weise wird der Tod zu einem Moment des Individuums, wenn auch über den Umweg des Eingreifens Gottes. So ist die Individualität gegenüber dem Tod gewahrt und subsumiert sich den Tod.
Aber das sind religiöse Vorstellungen. Es kann doch nicht sein, dass das letzte Wort die Religion hat. Anderswo kann das sein: Hier im Club Dialektik nicht. Deswegen wenden wir uns noch einmal dem Begriff des Todes zu.
Nochmals: Der Begriff des Todes
Ich will noch einmal zurückkommen auf die natürliche Bestimmung des Todes: Der Tod ist eine der natürlichen Bedingungen der Individualität der Individuen. Ohne Tod keine Individualität der Individuen. Indem die Individuen sterben, werden sie und sind sie unsterblich sie selbst. Der Tod ist eine Bedingung ihrer Individualität, die unsterblich ist. Der Tod ist ein Mittel der Unsterblichkeit der Individualität. Was unsterblich ist, ist die Individualität der Individuen, und um der Individualität willen sterben die Individuen.
Mangelhaft an der Seelenwanderung ist, dass sie die Individuen aus Leib und Seele zusammengesetzt vorstellt. In Wahrheit handelt es sich um zwei zusammenkommende begriffliche Bestimmungen: Weil und insofern die Individuen sterben und tot sein werden, sind sie unsterblich. Sterblichkeit und Unsterblichkeit kommen bei den Menschen zusammen. Und begrifflich sind sie also in gewisser Weise zusammengesetzt, und diese Zusammensetzung wird in der Seelenwanderungsvorstellung als eine wirkliche Zusammensetzung vorgestellt.
Im Christentum wird auf die Vorstellung der Zusammensetzung des Menschen und des menschlichen Individuums überhaupt verzichtet. Die Menschen sind sowohl vor dem Tod wie nach der Wiederauferstehung als unteilbare Einheit von Leib und Seele vorgestellt. Aber der Leib nach der Wiederauferstehung ist ein "geistlicher, seelischer Leib", d.h. das ewige Leben ist ein reiner Ausdruck der Individualität des Individuums. Der Tod dient im Christentum als eine Art Spiegel, in dem das eigene individuelle Leben erscheint, wie es sich aus sich selbst entwickelt, wie die äußeren und zufälligen Einflüsse als Ausdruck der eigenen Individualität aufgefasst werden.
So versuchen die Menschen - je mehr es auf den Tod zugeht - ihr Leben zu verstehen: als einen Ausdruck ihrer Individualität. Sie eignen sich ihr Leben - gerade in der letzten Lebensphase - noch einmal an und überwinden dabei die bloß äußere Bedingtheit ihres Lebens, indem sie ihr Leben mit ihrer Individualität versöhnen. Angesichts des Todes gelingt den Individuen so, was ihnen unter Herrschaftsverhältnissen im Leben nicht gelingt: Ihr Leben als ihr eigenes notwendig individuelles Leben zu verstehen und sich anzueignen, und indem sie so sich mehr und mehr erkennen, ihre eigene Unsterblichkeit, ihr unwiederbringliches, einmaliges Sosein anzuschauen. Freilich bleibt dies eine nachträgliche gedankliche Versöhnung anstelle einer noch ausstehenden wirklichen Befreiung. 8 Fußnoten: Fußnote #1 Friedrich Engels: Dialektik der Natur. In: Karl Marx, Friedrich Engels Werke (MEW), Band 20, S. 554. Fußnote #2 Aus der Unvorhersehbarkeit des Eintretens des Todes kann man nicht darauf schließen, dass der Tod selbst ein "mögliches Ereignis" sei oder gar eine "letzte Möglichkeit" sei. Fußnote #3 Unter der Natur der Lebewesen kann man die Bedingungen des Daseins des Lebewesens verstehen. Dagegen ist der Begriff dasjenige, was das Lebewesen ist, um dessen Daseinsbedingungen es eben geht. Fußnote #4 Karl Marx und Friedrich Engels: Deutsche Ideologie. In: Marx/Engels Werke (MEW), Band 3, S. 21 Fußnote #5 Einen Fall einer solchen Veränderung habe ich anhand des Films "Spiel mir das Lied vom Tod" von Sergio Leone analysiert. Fußnote #6 Herr und Knecht sind hier als Individuen vorgestellte Subsumtionsformen des Individuums unter die Gesellschaft, sozusagen Charaktermasken, nicht etwa selbst Individuen. Es ist vielmehr für Individuen unmöglich, solche Charaktermasken rein darzustellen. Fußnote #7 Die wirkliche Befreiung aus der Knechtschaft ist deswegen nicht als Aktion des Knechts zu denken, sondern als Aktion der Menschen, der menschlichen Individuen, die erkennen müssen, dass sie nur Knechte sind. Diese Erkenntnis liegt aber außerhalb der Form der Knechtschaft. Es muss jedoch ein Mensch vorausgesetzt werden, damit er einen Knecht abgeben kann. Deswegen ist mit dem Knechtsein die Möglichkeit der Einsicht des - als Knecht dienenden - Menschen gegeben, dass er, obwohl er ein menschliches Individuum ist, sich bloß als Knecht darstellt. Diese Einsicht ist es, die Befreiung möglich macht. Fußnote #8 Als Individuum ist unter den Bedingungen wirklicher Herrschaftsverhältnisse nur eine solche nachträgliche Versöhnung möglich. Denn als Individuum kann man sich von Herrschaftsverhältnissen nicht befreien. Wenn Befreiung der Individuen überhaupt möglich ist - und ich denke, dass sie möglich ist -, dann jedenfalls nicht als individuelle Aktion, weil die Individuen, ob nun als Herr oder als Knecht, die Herrschaftsverhältnisse nicht beherrschen. Die wirkliche Befreiung der Individuen setzt deswegen die gemeinsame und organisierte Aktion der Beherrschten voraus, deren geschichtliche Bedingungen Marx und Engels zu bestimmen versucht haben.