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+ | Dass die Beschäftigten durch den Nachweis ihrer Profitabilität gezwungen sind sich mit der Gesellschaftlichkeit ihrer eigenen Arbeitstätigkeit auseinandersetzen, ist der wesentliche Inhalt des gegenwärtigen Schritts der Entwicklung der Produktivkraft. Ihre eigene Tätigkeit ist zugleich ein Moment der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, eine Funktion der Gesellschaft, und damit müssen sich die unmittelbar tätigen Individuen in der Produktion auseinandersetzen, wenn auch zunächst nur unter dem Gesichtspunkt der Profitabilität. Sie können sich daher nicht mehr als bloße Vertreterinnen und Vertreter einer gesellschaftlichen Funktion, einer „Kompetenz“, darstellen, wie das bis in die siebziger Jahre hinein möglich war. Sie müssen vielmehr lernen sowohl den gesellschaftlichen Charakter ihrer Funktion wie die Bedeutung ihrer Funktion für das eigene Leben im Verhältnis teils zu anderen Funktionen, teils zu anderen Individuen konkret zu bestimmen. Dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Funktion und deren Sinn eine Sache der Individuen bei der Arbeit ist, ist neu. Bisher fand diese Auseinandersetzung außerhalb der Arbeit statt in Organisationen, denen sich die Individuen in ihrer Freizeit anschlossen, meist sogenannter „Sinn vermittelnder“ Organisationen (Kirche, Parteien, Vereine etc.). |
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+ | Die Auseinandersetzung mit der eigenen Funktion und der eigenen Arbeit ist jetzt eine Anforderung des Unternehmens an die Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter. Diese Anforderung ist etwas, was jeder Lohnarbeiter und jede Lohnarbeiterin selbst machen muss. Insofern scheint damit jedes Individuum mit sich alleine zu sein. Die Individuen verbitten sich jede Einmischung in ihr Verhältnis zu ihrer eigenen Tätigkeit und damit zu sich selbst. Denn es erscheint nicht nur als ihre Sache, es ist ihre Sache, wie sie ihr Leben verbringen, ihre Zeit und ihre Tätigkeit gestalten. Ist man – wie viele Sozialwissenschaftler – gewohnt, die Individuen als Elemente einer Menge, als Mitglieder einer Klasse, Gruppe oder Nation zu betrachten, als kulturellen Beziehungen und Millieus subsumiert, so erscheint dieser Prozess im Wesentlichen als Vereinzelung. Die Individuen treten aus solchen vorausgesetzten Zusammenhängen heraus, die infolgedessen zu zerfallen drohen. In einer solchen Perspektive haben die Individuen keinen Halt, können sich nicht mehr orientieren. Konservative sehen die Individuen einsam und verloren auf der Welt. Sie warnen vor den Folgen der Individualisierung, und meinen damit die Vereinzelung. Wer von sozialwissenschaftlichen Kategorien ausgeht, steht in Gefahr ihnen darin zu folgen und die Individualisierung ausschließlich negativ zu betrachten. |
Version vom 19. März 2010, 11:41 Uhr
These 3
Dieser Schritt der Entwicklung der Produktivkraft drückt sich unmittelbar als Individualisierung aus.
Dass die Beschäftigten durch den Nachweis ihrer Profitabilität gezwungen sind sich mit der Gesellschaftlichkeit ihrer eigenen Arbeitstätigkeit auseinandersetzen, ist der wesentliche Inhalt des gegenwärtigen Schritts der Entwicklung der Produktivkraft. Ihre eigene Tätigkeit ist zugleich ein Moment der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, eine Funktion der Gesellschaft, und damit müssen sich die unmittelbar tätigen Individuen in der Produktion auseinandersetzen, wenn auch zunächst nur unter dem Gesichtspunkt der Profitabilität. Sie können sich daher nicht mehr als bloße Vertreterinnen und Vertreter einer gesellschaftlichen Funktion, einer „Kompetenz“, darstellen, wie das bis in die siebziger Jahre hinein möglich war. Sie müssen vielmehr lernen sowohl den gesellschaftlichen Charakter ihrer Funktion wie die Bedeutung ihrer Funktion für das eigene Leben im Verhältnis teils zu anderen Funktionen, teils zu anderen Individuen konkret zu bestimmen. Dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Funktion und deren Sinn eine Sache der Individuen bei der Arbeit ist, ist neu. Bisher fand diese Auseinandersetzung außerhalb der Arbeit statt in Organisationen, denen sich die Individuen in ihrer Freizeit anschlossen, meist sogenannter „Sinn vermittelnder“ Organisationen (Kirche, Parteien, Vereine etc.).
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Funktion und der eigenen Arbeit ist jetzt eine Anforderung des Unternehmens an die Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter. Diese Anforderung ist etwas, was jeder Lohnarbeiter und jede Lohnarbeiterin selbst machen muss. Insofern scheint damit jedes Individuum mit sich alleine zu sein. Die Individuen verbitten sich jede Einmischung in ihr Verhältnis zu ihrer eigenen Tätigkeit und damit zu sich selbst. Denn es erscheint nicht nur als ihre Sache, es ist ihre Sache, wie sie ihr Leben verbringen, ihre Zeit und ihre Tätigkeit gestalten. Ist man – wie viele Sozialwissenschaftler – gewohnt, die Individuen als Elemente einer Menge, als Mitglieder einer Klasse, Gruppe oder Nation zu betrachten, als kulturellen Beziehungen und Millieus subsumiert, so erscheint dieser Prozess im Wesentlichen als Vereinzelung. Die Individuen treten aus solchen vorausgesetzten Zusammenhängen heraus, die infolgedessen zu zerfallen drohen. In einer solchen Perspektive haben die Individuen keinen Halt, können sich nicht mehr orientieren. Konservative sehen die Individuen einsam und verloren auf der Welt. Sie warnen vor den Folgen der Individualisierung, und meinen damit die Vereinzelung. Wer von sozialwissenschaftlichen Kategorien ausgeht, steht in Gefahr ihnen darin zu folgen und die Individualisierung ausschließlich negativ zu betrachten.