Texte:Albträume der Gegenwart: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Wir leben in einer Zeit, in der uns die Utopien ausgegangen zu sein scheinen. „Utopie“ kann als die Vorstellung einer Lebensweise aufgefasst, die wörtlich genommen keinen Ort in dieser Welt hat. (ou heißt griechisch „nicht“, „topos“ heißt Ort. Utopie heißt also wörtlich: Keinen Ort haben.) Gehe ich von der wörtlichen Bedeutung aus, so könnte ich mit demselben Recht sagen: Wir haben überhaupt nur Utopie! Denn unsere Lebensweise hat offenbar keinen Ort in dieser Welt, das heißt in der Natur. Wir brauchen – so könnte ich fortfahren – vielmehr eine Art „Topie“, eine Vorstellung einer Lebensweise, die uns einen Ort in der Welt – und das heißt in der Natur – verschafft, so dass wir in der Natur als unserer Heimat leben können, aber auch leben wollen, also nicht eine ökologische Nische, sondern eine Heimat. |
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+ | Wenn ich so spreche, dann betrachte ich die Utopie nicht als etwas Positives, Zukünftiges, sondern als etwas Gegenwärtiges, aber Bedrohliches. Dem Wunschtraum des freien Unternehmertums entspricht gesellschaftlich gesehen ein gesamtgesellschaftlicher Albtraum, der Albtraum der ökologischen Bedrohung. Dem Wunschtraum nach schier unermesslicher Steigerung des Profits entspricht individuell gesehen der Albtraum von Menschen, die in ihrer Arbeit permanent überfordert sind, die unter „Burn out“ und schlimmeren Folgen von Überlastung leiden. So ergibt sich eine Art doppelter Albtraum, der dem Wunschtraum des freien Unternehmertums entspricht. Dieser doppelte Albtraum bestimmt in gewissem Maße unsere gegenwärtige Lebensweise und macht sie zu einer „negativen Utopie“, oder wie das bei manchen in der Literaturwissenschaft heißt, zu einer „Dystopie“. |
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+ | ===2. Selbst gesetzte Zweck und von selbst eintretende Konsequenzen=== |
Version vom 5. November 2007, 12:00 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Albträume der Gegenwart als Wegweiser in die Zukunft
Die Notwendigkeit die Gegenwart zu begreifen
Stephan Siemens
Unter diesem Titel wird hier bnach un nach die schriftliche Fassung eines Vortrag erscheinen, den Stephan Siemens bei der Tagung der ISG (Interdisziplinären Stuidiengesellschaft) zum Thema: Vom Traum zum Albtraum" am 21 Oktober 2007 in Bad Pyrmont gehalten hat.
1. Fehlt uns die „Utopie“?
Wir leben in einer Zeit, in der uns die Utopien ausgegangen zu sein scheinen. „Utopie“ kann als die Vorstellung einer Lebensweise aufgefasst, die wörtlich genommen keinen Ort in dieser Welt hat. (ou heißt griechisch „nicht“, „topos“ heißt Ort. Utopie heißt also wörtlich: Keinen Ort haben.) Gehe ich von der wörtlichen Bedeutung aus, so könnte ich mit demselben Recht sagen: Wir haben überhaupt nur Utopie! Denn unsere Lebensweise hat offenbar keinen Ort in dieser Welt, das heißt in der Natur. Wir brauchen – so könnte ich fortfahren – vielmehr eine Art „Topie“, eine Vorstellung einer Lebensweise, die uns einen Ort in der Welt – und das heißt in der Natur – verschafft, so dass wir in der Natur als unserer Heimat leben können, aber auch leben wollen, also nicht eine ökologische Nische, sondern eine Heimat.
Wenn ich so spreche, dann betrachte ich die Utopie nicht als etwas Positives, Zukünftiges, sondern als etwas Gegenwärtiges, aber Bedrohliches. Dem Wunschtraum des freien Unternehmertums entspricht gesellschaftlich gesehen ein gesamtgesellschaftlicher Albtraum, der Albtraum der ökologischen Bedrohung. Dem Wunschtraum nach schier unermesslicher Steigerung des Profits entspricht individuell gesehen der Albtraum von Menschen, die in ihrer Arbeit permanent überfordert sind, die unter „Burn out“ und schlimmeren Folgen von Überlastung leiden. So ergibt sich eine Art doppelter Albtraum, der dem Wunschtraum des freien Unternehmertums entspricht. Dieser doppelte Albtraum bestimmt in gewissem Maße unsere gegenwärtige Lebensweise und macht sie zu einer „negativen Utopie“, oder wie das bei manchen in der Literaturwissenschaft heißt, zu einer „Dystopie“.