Texte:Phaenomenologie5

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Über den Aufbau der Phänomenologie des Geistes
4. Das Fürsichsein
von Stephan Siemens

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Der Text

Wir beginnen unmittelbar, gehen über zur Vermittlung unserer selbst als eines Anderen, eines Dinges; dieses Andere ist nichts anderes als wir selbst, so dass wir in Wahrheit uns selbst vermittelnd sind. In der Selbstvermittlung lösen sich die unterschiedenen Momente in der Unendlichkeit auf, die zur Selbstvermittlung vorausgesetzt werden müssen, so dass wir aus der Selbstvermittlung übergehen zum Verhältnis zu uns selbst. Damit entspricht unsere Bewegung der Fortbestimmung des Geistes, welche nach der Widerlegung der Gestalten, die den Urteilen des Daseins oder der Inhärenz entsprechen, den Begriff des Gegenstandes vollständig bestimmt hat. Dies entspricht der Bestimmtheit des abstrakten Moments des Prädikats. Der Geist reflektiert sich daher seinerseits in sich selbst und bestimmt sich von nun an über das Subjekt fort. Dem entspricht im Urteil der Übergang zu einer neuen Stellung der Momente, worin das Prädikat als das Zugrundeliegende aufgefasst ist, während sich die Fortbestimmung des Urteils unmittelbar am Subjekt vollzieht und nur vermittelt am Prädikat zeigt.

Die Bewegung des an sich vollständig bestimmten Selbstbewusstseins besteht in dem Versuch, seine Bestimmung zu realisieren, um sie für sich gegenständlich zu bewähren. Das Selbstbewusstsein wird so praktisch. Es macht die Erfahrung, dass es, an sich Unendlichkeit, in seiner Realisierung sich verendlicht und damit seinem Begriff nicht zu entsprechen vermag. Es gerät in den unendlichen Progress als die "schlechte Unendlichkeit"109. Für uns zeigt sich darin die Entwicklung des Selbstbewusstseins, die wir aus dem an sich bestimmten Begriff des Selbstbewusstseins verstehen, weil wir in ihm zugleich unser Selbstverhältnis vermittelst des Geistes zum Gegenstand haben.

4. 1. Das unmittelbare Selbstbewusstsein und die Begierde

Indem unsere Selbstvermittlung uns Gegenstand ist, treten wir in das Selbstbewusstsein ein, worin wir uns selbst als uns selbst von uns unterscheiden, d. h. worin wir uns entwickeln.110 Dabei ist dasjenige, wozu wir uns verhalten, und dasjenige, was sich verhält, dasselbe, nämlich wir selbst. "Mit dem Selbstbewußtsein sind wir also in das einheimische Reich der Wahrheit eingetreten." (S. 120) Diesem Reich entspricht in der "Wissenschaft der Logik" die "Idee"111, deren Entwicklung wir nun zum Gegenstand haben. Insofern wir in die "Idee" erst eintreten, ist unser erster Gegenstand, den wir auf der Ebene des Selbstverhältnisses erreichen, die Idee in ihrer Unmittelbarkeit, das Leben.

Indem wir uns im Selbstverhältnis bewegen, ist die Fortbestimmung des Geistes zur Reflexion in sich selbst vorausgesetzt, die sich in der Struktur der Gestalten und ihrer Aufhebung darstellt. Die bisherigen Gestalten sind dadurch bestimmt, dass das Bewusstsein sich als Wissen seines Gegenstandes auffasst, wodurch er für es das Wahre wird. Das Bewusstsein selbst erscheint sich als das Bewusstsein dieses Gegenstandes. In der Erfahrung des Bewusstseins bestimmt es sich an sich ideell als Unendlichkeit, d. h. es bestimmt sich vollständig und widerlegt seine Bestimmtheit als solche zugleich. An sich ist diese Bewegung vorausgesetzt. Das Bewusstsein will nun seine Bestimmung realisieren, um für sich seine Bestimmtheit zu erfahren, d. h. es findet seine Wahrheit nicht mehr, sondern es bewährt sie praktisch.112 In den Urteilen des Geistes, in denen sich diese Bewegung der Fortbestimmung vollzieht, entspricht dies der Bestimmung des Subjekts durch die Urteile der Reflexion113.

Das Selbstbewusstsein, das unser Gegenstand ist, hat die Bewegung vergessen, weil es sie als solche nicht zum Gegenstand hatte. Das Selbstbewusstsein beginnt für es seine Bewegung unmittelbar. Seine Bestimmtheit durch die bisherige Bewegung widerspricht der Unmittelbarkeit und also der Unbestimmtheit des Selbstbewusstseins. Dieser Widerspruch führt zu der Bewegung des Selbstbewusstseins, sich in seiner Bestimmtheit als Unendlichkeit zu realisieren, worin es die Erfahrung macht, dass es in endlichen Realisierungsversuchen seine Befriedigung nicht findet. Für es stellt sich diese Erfahrung in der Form der schlechten Unendlichkeit dar, in der es immer wieder die endlichen Realisierungen zu überwinden versucht, aber nur andere endliche Realisierungen an die Stelle der überwundenen zu setzen in der Lage ist. Diese anderen endlichen Realisierungen widersprechen in derselben Weise der Unendlichkeit des an sich vollständig bestimmten Selbstbewusstseins. Denn das Bewusstsein ist selbst sein Gegenstand, so dass Wahrheit und Gewissheit dasselbe sind, nämlich das Bewusstsein selbst.

"Nunmehr aber ist dies entstanden, was in diesen früheren Verhältnissen nicht
zu Stande kam, nämlich eine Gewißheit, welche ihrer Wahrheit gleich ist, denn
die Gewißheit ist sich selbst ihr Gegenstand, und das Bewußtsein ist sich
selbst das Wahre." (S. 120)

Das Bewusstsein ist Ich als Begriff des Wissens und die Gesamtheit des Gegenstandes des Wissens "als ruhige Einheit" (S. 120) sowie deren Beziehung. Das Ich greift über das ihm Entgegengesetzte, den Gegenstand über.

"Ich ist der Inhalt der Beziehung, und das Beziehen selbst; es ist es selbst
gegen ein Anderes, und greift zugleich über dies andere über, das für es ebenso 
nur es selbst ist." (S. 120)

Das übergreifende Allgemeine ist diejenige Bewegung, worin das Selbstbewusstsein als Einzelheit das Bewusstsein als das Allgemeine übergreift. Die Verkehrung der ersten übersinnlichen Welt durch die verkehrte Welt ist ein Beispiel dafür. Das Selbstbewusstsein befindet sich so zum Allgemeinen im Gegensatz. Sein Negieren ist aber zugleich die Bewegung, worin das Selbstbewusstsein das Allgemeine des Gegensatzes seiner selbst und des Allgemeinen ist.

Das Selbstbewusstsein ist das Selbstverhältnis noch nur an sich. Es selbst ist sich ganz unmittelbar und weiß um seine - an ihm seiende, ideelle - Bestimmtheit nicht. Es erfährt seine Bestimmtheit erst in dem Versuch, sich zu realisieren. Dabei entwickelt das Selbstbewusstsein sich in einem ihm selbst nicht gegenständlichen Prozess, dessen Richtung daher immer wieder von uns aus seinem Begriff dargestellt wird. Indem es unmittelbar beginnt, hat es sich für sich noch nicht bestimmt, noch nichts realisiert. Es ist jedoch Negation und Realisierung des Bewusstseins als des Ansich-Allgemeinen zugleich. So bildet es die Gestalt, die dem singulären Urteil des Geistes entspricht: Einzelnes Ich ist allgemeines Ich.114

Insofern die realisierende Bewegung dasjenige ist, worin sich das Bewusstsein für sich bestimmt, ist in dieser ersten Gestalt nur die Bewegung als solche, abstrakt gegen den Ausgangspunkt und das Resultat der Bewegung aufzufassen. Dies verkehrt das Verhältnis der sinnlichen Gewissheit, worin umgekehrt nur die Abstraktionen von der Bewegung als Wahrheit gelten sollten, während die Bewegung erst als die Widerlegung dieser Abstraktionen resultierte. Die Urteile der Gestalt sind so nur zum Teil Erfahrungen des Bewusstseins, nämlich insofern sie die Bewegung des Selbstbewusstseins auszudrücken vermögen.

Ausgangspunkt der Bewegung des Selbstbewusstseins ist die Abstraktion des Anfangs, die Unbewegtheit des Selbstbewusstseins. Indem das Selbstbewusstsein als Unendlichkeit Ununterschiedenheit des Unterschiedenen ist, verschwinden die Unterschiede. Das Bewusstsein versichert in einer assertorischen Wahrheitsbehauptung die resultierende unmittelbare Beziehung als das positive Urteil der Gestalt, das der Struktur nach ein Einzelnes auf ein Allgemeines bezieht: Ich bin Ich. Dies positive Urteil ist Resultat der Reflexion des Bewusstseins in sich selbst aus dem Anderssein und kann daher nur als Verneinung des Andersseins aufgefasst werden, weil sonst seine Struktur in einer bloßen Identität verschwinden würde.

"Es ist als Selbstbewußtsein Bewegung; aber indem es nur sich selbst als sich
selbst von sich unterscheidet, so ist ihm der Unterschied, unmittelbar als ein
Anderes aufgehoben; der Unterschied ist nicht, und es nur die bewegungslose
Tautologie des: Ich bin Ich; indem ihm der Unterschied nicht auch die Gestalt
des Seins hat, ist es nicht Selbstbewußtsein." (S. 121)

Indem die bewegungslose Tautologie115 keine Realisierung erlaubt, bleibt das Bewusstsein sich für sich unbestimmt. Es hat als verschwindendes Moment seiner Selbstvermittlung sich als Bewusstsein des Anderen negiert. Indem das Selbstbewusstsein sich von dem Anderen in seiner Totalität als von seinem Anderen unterschiedet, setzt es sich als Resultat der Negation seines Anderen, als einfache Identität gegen den Unterschied, der für es ist. So wird zugleich das Selbstbewusstsein für den Unterschied ein anderes, so dass sie Füreinandersein sind. Dieses Füreinandersein negiert das Selbstbewusstsein aber zugleich, worin es seine Einheit in der übergreifend allgemeinen Bewegung herzustellen versucht.

Es hat somit in Wahrheit einen gedoppelten Gegenstand, sich selbst als seine Einheit mit sich und sein Anderes als ein durch die Einheit des Bewusstseins mit sich selbst Negiertes. Als solches realisiert sich das Selbstbewusstsein als Bewusstsein und hebt zugleich als Realisierung des Selbstbewusstseins das Andere, dessen Bewusstsein es ist, den Gegenstand auf. Diese vernichtende Bewegung nennt Hegel die Begierde, worin das Selbstbewusstsein sich als unmittelbares Gegenstand ist. So entspricht es in der problematischen Beurteilung seiner Wahrheit dem negativen Urteil der Gestalt: Ich bin nicht der Gegenstand, sondern die Begierde, und als solche bestimmtes Ich. Gegen jene erste Identität behauptet es nun seine Bewegung des Negierens seines Unterschiedes als seine Wahrheit.

Indem die Begierde sich auf einen Gegenstand richtet, ist sie Negation des Andersseins. Der Gegenstand des Selbstbewusstseins ist der Gegenstand in seiner Totalität, wie er sich im Abschnitt "Bewußtsein" bestimmte, und damit die ihrer als solche nicht bewusste Unendlichkeit. So teilt sich die Unendlichkeit in die subjektive Unendlichkeit und in die objektive, ihrer unbewusste116 Unendlichkeit, das Leben. Die Unendlichkeit ist Einheit des Ununterschiedenen, welches sich in sich selbst von sich abstößt.117

"Diese Einheit ist aber ebensosehr, wie wir gesehen, ihr Abstoßen von sich
selbst, und dieser Begriff entzweit sich in den Gegensatz des
Selbstbewußtseins und des Lebens; jenes die Einheit, für welche die
unendliche Einheit der Unterschiede ist; dieses aber ist nur diese Einheit
selbst, so daß sie nicht zugleich für sich selbst ist." (S. 122)

Als objektive Unendlichkeit hat das Leben die Struktur des vereinheitlichten Gegenstandes des Bewusstseins überhaupt: Es ist Sichselbstgleichheit, allgemeine Flüssigkeit118 und Substanz, welche sich in sich unterscheidet, das aufgehobene Sein der sinnlichen Gewissheit. Als Medium des Bestehens legt es sich in fürsichseiende Gestalten auseinander, welche füreinander Sein-für-Anderes sind. Indem das Leben als Substanz zugleich Sein-für-Anderes für diese Gestalten ist, in die es sich auseinanderlegt, ist es Bestimmung an ihnen: Sie sind dadurch Selbständige, Lebendige, die dem Verhältnis der Dinge entsprechen. Zugleich aber und im Gegensatz gegen dieses Bestimmung ist das Sich-Unterscheiden der Gestalten von der allgemeinen Substanz ein Aufzehren dieser Substanz, worin die einzelnen Gestalten das allgemeine Leben119 verbrauchen, so dass das Leben an ihnen als Prozess erscheint, was der Bewegung der Kraft entspricht.120 Der Prozess ist zugleich Prozess seines Verschwindens, so dass sich die Gestalten in der Flüssigkeit auflösen. Indem die Flüssigkeit die Gestalten in sich auflöst, setzt sie andere Gestalten als reale. Das Leben ist so, als in sich reflektiert, Gattung, welche aber nicht für sich, sondern für ein Anderes, nämlich das Bewusstsein der Gattung.121 Darin wiederholt sich die Bestimmung des Inneren der Dinge. Als Gegenstand des Bewusstseins ist sie als Gattung aber nur einem solchen Bewusstsein bewusst, das Bewusstsein seiner selbst als Gattung, also Selbstbewusstsein ist.

"Dieser ganze Kreislauf macht das Leben aus, weder das, was zuerst ausgesprochen
wird, die unmittelbare Kontinuität und Gediegenheit seines Wesens, noch die
bestehende Gestalt und das für sich seiende Diskrete, nicht der reine Prozess
derselben, noch auch das einfache Zusammenfassen der Momente, sondern das sich
entwickelnde, und seine Entwicklung auflösende und in dieser Bewegung sich
einfach erhaltende Ganze." (S. 125)

Auf diesen Gegenstand richtet sich die Begierde als unmittelbare so, dass sie ihn als unmittelbaren auffasst, als Lebendiges. Das Selbstbewusstsein setzt sein Ansichsein als das Negative gegen das Lebendige und erfährt dessen Vernichtung als die eigene Realität und Bewährung. Indem aber in der Vernichtung der Realität des Lebendigen zugleich der Prozess der Vernichtung mit vernichtet wird, vermag die Begierde zwar sich zu realisieren. Aber diese Realisierung ist zugleich die Vernichtung ihrer Gegenständlichkeit, so dass die Bewährung verschwindet. Die Begierde bewährt sich also an dem nächsten unmittelbaren Lebendigen und geht so von Lebendigem zu Lebendigem fort. Indem die Bewährung zugleich die Vernichtung der Bewährung ist, muss das Selbstbewusstsein den Gegensatz immer wieder neu erzeugen, an dem es sich als Begierde bewähren kann und kommt so in die schlechte Unendlichkeit.

"Das Selbstbewußtsein vermag also durch seine negative Beziehung, ihn (den
Gegenstand, d.Verf.) nicht aufzuheben; es erzeugt ihn darum vielmehr wieder,
so wie die Begierde. Es ist in der Tat ein anderes, als das Selbstbewußtsein,
das Wesen der Begierde; und durch diese Erfahrung ist ihm selbst diese
Wahrheit geworden." (S. 126)

Das negative Urteil der Gestalt ist widerlegt, indem es realisiert ist. Die Erfahrung des Selbstbewusstseins besteht darin, dass nicht nur die Begierde auf ein Anderes geht, um es aufzuheben, sondern auch, dass sie selbst ein dem Selbstbewusstsein Anderes ist. Das dem Selbstbewusstsein andere aber ist das Leben. In der Begierde subsumiert sich das Selbstbewusstsein unter das Leben122 und kann sich zwar realisieren, aber nicht als Selbstbewusstsein, sondern als Lebendiges.123

In der unendlichen Bewegung, in welcher sich die Begierde als das negative Urteil der Gestalt darstellt, realisiert sich aber die Richtung der Entwicklung des Selbstbewusstseins als das unendliche Urteil der Gestalt, welches jedoch nicht mehr als Wahrheit behauptet wird. Die Erfahrung zeigt, dass die Aufhebung des unmittelbaren Gegenstandes als des Lebendigen dem Selbstbewusstsein keine Befriedigung verschafft. Der Gegenstand, an welchem das Selbstbewusstsein als solches sich realisieren kann, muss an sich negativ sein und zugleich Bestehen haben. Diese Bedingungen erfüllt nur ein anderes Selbstbewusstsein, so dass das Selbstbewusstsein seine Befriedigung als Selbstbewusstsein nur in einem anderen Selbstbewusstsein findet. Diese Richtung in der Entwicklung in der schlechten Unendlichkeit ist als Resultat nur für uns.

"Das Selbstbewußtsein erreicht seine Befriedigung nur in einem anderen
Selbstbewußtsein." (S. 126)124

Damit ist der Begriff des Selbstbewusstseins als das unmittelbare Selbstverhältnis vollendet. Seine Entwicklung beginnt als ein sich selbst gleiches Selbstbewusstsein, das in seinem Sich-von-sich-Unterscheiden als Begierde seinen Gegenstand, das Lebendige, aufhebt und sich als Begierde so bewährt. Diese Bewährung erfährt es als verschwindend, so dass seine Reflexion eine "gedoppelte Reflexion" (S. 126) ist. Der Gegenstand muss also in seiner Negation Selbständigkeit haben. Er muss also ein Gegenstand sein, der keiner ist: ein anderes Selbstbewusstsein. Eine Aufhebung des unendlichen Urteils geschieht nicht, weil es nicht als Wahrheit behauptet wird.

Die Gestalt wiederholt das Bewusstsein insgesamt auf der Ebene des Selbstbewusstseins und also die Aufhebung des Gegenstandes. Zugleich beinhaltet die erste Versicherung der Wahrheit, die Tautologie des "Ich bin Ich" die Erfahrung der sinnlichen Gewissheit. Denn das Resultat der Erfahrung des sich gegenseitig Negierens der Füreinanderseienden, des Ich und des Gegenstandes, in die einfache Unmittelbarkeit des Selbstbewusstseins gesetzt, ist eben die Tautologie des: "Ich bin Ich". Das Argument des Fressens der Tiere in der "sinnlichen Gewissheit" entspricht der Begierde, die die Nichtigkeit des Gegenstandes als ihre Bestätigung und Bewährung setzt.

Der Gegenstand, das Sein-für-Anderes ist zugleich keiner, sondern als das Sein für das Selbstbewusstsein ist er für es zugleich Fürsichseiendes, unmittelbares Sein eines Selbstbewusstseins. Für uns ist damit der Begriff des Geistes erreicht, insofern der Geist unmittelbar genommen unser Selbstverhältnis ist, "Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist" (S. 127). Der Begriff des Geistes ist für uns der "Wendungspunkt" (S. 127) des Bewusstseins, der Punkt seiner Umkehr, worin es für uns sich als Verhältnis zu sich selbst erreicht hat. Es zeigt sich in seinem ihm gegenwärtigen Licht125, nicht in der leeren Nacht des Jenseits, aber auch nicht im Schein der bloßen Sinnlichkeit, sondern im "geistigen Tag" (S. 127) seiner Gegenwart.

Das singuläre Urteil des Geistes, das nur zu einer Wahrheitsbehauptung der Gestalt kam, ist widerlegt, insofern das Selbstbewusstsein, das sich als allgemein behauptet, eines anderen Selbstbewusstseins bedarf, das ebenso allgemein ist, um seine Allgemeinheit zu realisieren. Damit ist für uns zugleich die Verneinung des Urteils des Geistes gesetzt, worin die unmittelbare Identität des einzelnen Selbstbewusstseins mit dem allgemeinen gesetzt war. Für das Bewusstsein wird sich diese Bewegung wiederholen; denn für es ist das partikuläre Urteil der Gestalt noch nicht Gegenstand.